Um ihre eigene Form zu begreifen, muss Kunst dem Realen Zugang gestatten. Wie kann sie das, ohne dabei der Tyrannei des Dokumentarischen, dem aktivistischen Pathos des Tages oder aber einer nur formalistischen Veredelung der Wirklichkeit zu erliegen? In einem Parcours zeichnet die Ausstellung Übergänge zwischen Normalität und Ausnahmezustand, Geborgenheit und Bedrohung, Schlaf und Rastlosigkeit, Energie und Erschöpfung nach. Vorbei an umkämpften Territorien und kontaminierten Landschaften führt sie nicht nur an psychische und reelle Rückzugsorte. Vielmehr befragt sie auch jene Subjektivität von Künstlerinnen und Künstlern, die in einer traumatischen Situation von Konflikt, politischer und sozialer Verwerfung in einem besonderen Maße gefordert ist.
Viele der Ausstellungen, die jüngst dem zivilen Aufstand und dem militärischen Konflikt in der Ukraine gewidmet waren, verklebten dabei diese politisch engagierte Subjektivität mit dem direkt ausagierten und formal oft unausgegorenen, aktivistisch motivierten Kunstwerks. Diese Engführung trug nicht nur zu einem verzerrten Bild der Gegenwartskunst in der Ukraine bei, mit ihr wurde auch die schwierige und komplexe Frage nach einer Politik der Form, des künstlerischen Objektes selbst ausgeblendet. Als Teil von The School of Kyiv – Kyiv Biennale 2015 skizziert die „Klasse Leipzig“ einen doppelten Ausweg aus dieser misslichen Repräsentationslogik: In der Ausstellung werden künstlerische Arbeiten gezeigt, deren Entstehung mit gesellschaftlichen Phänomenen, Fragen und Konflikten zusammenhängt. Mit einem Fokus auf Ausdrucksformen einer kritischen Öffentlichkeit lädt das Begleitprogramm zur Diskussion der Verschränkung von Politik und Ästhetik ein.
Die Ausstellung Politik der Form ist Teil von The School of Kyiv – Kyiv Biennale 2015. Sie ist in Zusammenarbeit mit den Kurator*innen der Biennale, Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer und in Kooperation mit dem Badischen Kunstverein entstanden.