Film verkörpert als Aufzeichnungsmedium – im Sinne eines Dokuments – per se das Archiv. Seine spezifischen Merkmale – Bewegung, Zeit und Blick – weisen ihn jedoch als dynamisches Medium aus. In der Filmreihe Temporal Disorder geht es um Sonderfälle von gesplitteter Filmzeit, um das Auflösen einer zeitlichen Abfolge zugunsten eines anderen und veränderten Denkmodells, um die Verschränkung verschiedener Zeiten innerhalb und außerhalb der filmischen Rezeption. Zeit, Geschichte, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden nicht linear betrachtet. Die Filmreihe Temporal Disorder widmet sich ausgehend von der Kernfrage der Sammlungsausstellung The Present Order, aus welcher Präsenz heraus Kunst entsteht, der Frage, aus welcher zeitlichen Vergegenwärtigung sich filmische Rezeption vollzieht.
Die Reihe findet an 6 Terminen 2017 statt, die Termine werden einzeln angekündigt.
Die Filmreihe wird kuratiert von Nicolas Rossi (Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf) und Clemens von Wedemeyer (Prof. für Medienkunst, Klasse expanded cinema, Hochschule für Grafik und Buchkunst). Die Filmauswahl nimmt Bezug auf die aktuelle Sammlungsausstellung in der GfZK The Present Order.
11.1.2017 – Mauricio Guillén
Wir zeigen den 16mm-Schwarz-Weiß Film Avenida Progreso des in Mexiko geborenen Künstlers Mauricio Guillén (*1971), für dessen Produktion Guillén an den Ort seiner Kindheit und Jugend zurückgekehrt ist. Guillén verbindet dabei persönliche Erfahrungen und konzeptuelle Strategien, mit denen er untersucht, wie Bilder und Sprache unser Verständnis von Kultur und Geschichte beeinflussen. Die Geschichte des Films führt die Betrachter*innen durch Stadtviertel wie Polanco, Irrigación und Oceanía in Mexiko-Stadt bis an das Straßenende der Avenida Progreso. Im Zentrum einer anachronistischen Reise durch die Straßen, die meist nach europäischen Philosophen und Literaten benannt sind, wie Goethe, Byron, Marx, Tolstoi und Aristoteles, steht ein Professor für Philosophie und Ästhetik. Guillén untersucht in diesem Film soziale und kulturelle Unterschiede innerhalb einer Gesellschaft, die sich im Wandel befindet und doch noch immer vom Kulturimport der Kolonisation geprägt ist.
Mauricio Guillén ist anwesend. Das Programm inkl. Gespräch dauert ca. 90 Minuten. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.