Die ars viva 2020 ist eine Kooperation der GfZK mit dem Kulturkreis der deutschen Wirtschaft. Seit 1953 vergibt der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. den ars viva-Preis an herausragende junge, in Deutschland lebende Künstler*innen. Zum dritten Mal findet die Preisträger*innenausstellung in der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst statt. In diesem Jahr erhalten den ars viva-Preis Karimah Ashadu, Thibaut Henz und Cemile Sahin.
Zur Ausstellung ars viva 2020:
Herkunft und die Vergewisserung des Ichs in der Welt sind zentrale Themen aller drei Preisträger*innen. Die eigenen Biografien bilden den Ausgangspunkt, jedoch nicht Schwerpunkt der Arbeiten selbst. Dokumentarisches steht neben Fiktion, Tradition neben Neuerprobtem. Instagram und Facebook sind hoch frequentierte Plattformen, deren Ästhetik auch künstlerisch Einzug in die Arbeiten gefunden hat. Im Transit der vielen Eindrücke des Alltags generieren Ashadu, Henz und Sahin eine sehr abwechslungsreiche bis unterhaltsame Spanne an künstlerischen Äußerungen.
Die Videoarbeiten von Karimah Ashadu nehmen das Thema Arbeit in den Blick. Gezeigt werden die Protagonist*innen ihrer Filme meist im sozioökonomischen Kontext Nigerias: Arbeiter*innen in einer Holzwerkstatt in der Lagune von Lagos, Bauern bei der Gewinnung von Palmöl oder Boxer in den Slums Nigerias. Häufig handelt es sich um männlich geprägte Strukturen, die sich unabhängig und parallel zu den politischen Verhältnissen im Land entwickelt haben. In ihren Filmen verwebt die Künstlerin dokumentarische mit fiktiven Elementen. In Leipzig zeigt sie zwei Videoinstallationen: Power Man von 2018 und Red Gold von 2016.
Thibaut Henz fotografiert sein Leben und seine Umwelt. Seine Aufnahmen von Menschen, Situationen, Gegenständen, Stillleben, Natur sind nicht gestellt, nicht geschönt. Er braucht kein Studio und keine Post-Produktion. Ziemlich authentisch erfahren wir, was ihn begleitet. Was ihn fasziniert. Seine Arbeit liest sich wie ein Fotoroman. Atmosphärisch inszeniert sich so seine Perspektive auf unsere Welt. Thibaut Henz komponiert die Bilderstrecken in Tableaus, in Arrangements, die sich locker dem Umraum anschmiegen als wären sie dafür gemacht. Henz’ Arbeit funktioniert an der Ausstellungswand ebenso, wie auf Instagram. Im Netz reiht sie sich ein in eine Bilderflut ähnlicher Messages von Vielen, die auch außerhalb der Kunst ihre Abnehmer*innen finden.
Cemile Sahin baut für Leipzig ein begehbares Setting aus verschiedenen Arten von Billboards und Screens. Monitore, Plexitafeln, Banner und Teppich verwandeln den Ausstellungsraum in eine begehbare Bühne, die einerseits an Ästhetiken der Autoindustrie und andererseits an Internetoberflächen und Computerspielszenarios erinnern. Im Zentrum der Leipziger Präsentation steht der mehrteilige in Serien angelegte Film Center Shift (2018/19). Eine Gruppe von Menschen trifft scheinbar zufällig aufeinander mit der Absicht einen Film zu drehen. Da sie glauben, dass sie keine erzählbare Geschichte in ihrem Leben haben, wird im Affekt ein Mann erschossen. Diese Tat soll als Ausgangspunkt der Geschichte dienen. Mit jeder Episode überlagert sich das Erzählte, bis die Zuschauer*innen am Ende vor die Frage gestellt sind: Ist diese Geschichte tatsächlich passiert?
Zum ars viva-Preis:
Der diesjährigen Jury des ars viva-Preises unter Vorsitz von Ulrich Sauerwein gehörten neben Mitgliedern des Gremiums Bildende Kunst des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft die Kooperationspartner*innen Julia Schäfer (Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig), Bettina Steinbrügge (Kunstverein in Hamburg), Zita Cobb, Willem de Rooij und Nicolaus Schafhausen (Fogo Island Arts), Dr. Franziska Nentwig und Mathilda Legemah (Kulturkreis der deutschen Wirtschaft) sowie Dr. Stephanie Rosenthal (Gropius Bau) als Fachberaterin an.
Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog im Kerber Verlag. Anschließend wird die Ausstellung in veränderter Form im Kunstverein in Hamburg zu sehen sein. Ein Aufenthalt der Preisträger*innen in der Künstlerresidenz auf Fogo Island (Kanada) rundet den ars viva-Preis ab.
Zur Kooperation GfZK und Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V.:
Die Geschichte der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig ist eng mit der des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft verbunden. Anlässlich der 41. Jahrestagung in Leipzig übergab 1992 der damalige Vorsitzende des Kulturkreises, Dr. Arend Oetker, an den früheren Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube der Stadt Leipzig Kunstwerke aus der Sammlung des Kulturkreises. Darüber hinaus initiierte der Kulturkreis mit Erlösen aus Sammlungsverkäufen die Gründung und Errichtung der GfZK an einem festen Standort. 1998 wurde die vom Architekten Peter Kulka umgebaute Herfurth’sche Villa im Musikviertel eröffnet. 2004 folgte der Neubau. Seit 2003 ist die GfZK eine eingetragene Stiftung, deren Kapital das Gebäude sowie die großzügige Bilderspende des Kulturkreises darstellt.
Begleitend zur oben genannten Ausstellung sind in der GfZK außerdem Arbeiten früherer ars viva-Preisträger*innen, so Rosemarie Trockel, Marcel Odenbach, Eva Grubinger, Martin Gerwers, Thomas Struth, BLESS u.a., aus der Sammlung der GfZK zu sehen. Fotodokumentationen der jeweiligen Austragungsorte damaliger ars viva-Präsentationen skizzieren auszugsweise die Geschichte des Preises.