Ruth Buchanan für Artspace Aotearoa: 292 Karangahape Road

In regelmäßigen Abständen gestalten Künstler*innen das Café der GfZK – Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig neu. Dabei verändern sich die Inneneinrichtung, der Name und mitunter auch das gastronomische Angebot. Das aktuelle Café wurde von der Künstlerin Ruth Buchanan als Außenposten des von ihr geleiteten Artspace Aotearoa konzipiert.

Ruth Buchanans künstlerische Arbeit umfasst Ausstellungen, Texte, Gestaltung, Lehre und seit November 2022 die Leitung des Artspace Aotearoa. Der 1987 von Künstler*innen und Kulturschaffenden gegründete, öffentlich geförderte Kunstraum befindet sich im Zentrum von Tāmaki Makaurau Auckland. Sein Programm kreist um eine jährlich wechselnde Frage. In Zusammenhang mit der aktuellen Frage do i need territory?   hat Buchanan das GfZK Café zu einer Außenstelle des neuseeländischen Kunstraums erklärt und es nach dessen Adresse: 292 Karangahape Road   benannt. Buchanan hat räumliche, farbliche und grafische Gestaltungsdetails aus dem Artspace Aotearoa in das GfZK Café übertragen. Damit lädt sie die Besucher*innen ein, an einem spekulativen Austausch teilzunehmen, der sich im Laufe der Zeit zwischen Tāmaki Makaurau Auckland und Leipzig entwickelt.

Die Neugestaltung des Cafés wurde im Rahmen des INFORM-Preises für konzeptuelles Gestalten 2024 gefördert durch Dr. Arend Oetker realisiert. Der Preis wird seit 2007 vergeben und ist an der Schnittstelle von Grafikdesign und Kunst angesiedelt.

 

Ein Brief von Ruth Buchanan, März 2024

Das Gebäude, in dem sich heute der Artspace Aotearoa befindet, wurde 1973 für das zentrale Postamt in Aotearoa Neuseelands größter Stadt, Tāmaki Makaurau Auckland, errichtet. Als ich Ende 2022 die Position als Kaitohu-Direktorin des Artspace Aotearoa antrat, fielen mir die bemerkenswerten Ähnlichkeiten zwischen der Arbeit eines Postamts und der eines Ortes für zeitgenössische Kunst auf. Beide sind ganz im aktuellen Moment verwurzelt. Beide organisieren komplexe Situationen und Verbindungen – mal schmerzhafte, mal freudige. Beide vereint der Versuch, die Vielfalt gelebter Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen, sie zu vermitteln, Botschaften zu senden. Liebesbriefe, Rechnungen oder Urkunden im Postamt; Filme, Plakate oder Skulpturen im Kunstraum: Alle diese Äußerungen zusammen fangen das Leben in seiner Fülle ein.

Dass das zentrale Postamt mit seinem elektrischen Hauptrechner gerade an diesem Ort, der 292 Karangahape Road, angesiedelt wurde, war kein Zufall. Gelegen auf einem Bergrücken mit weiter Sichtachse war diese Straße schon immer eine zentrale Verkehrsader für die Menschen, die hier ankommen, reisen, feiern, handeln, trauern, leben, die sich hier niederlassen oder von hier verdrängt werden. Auch im Jahr 2024 ist diese ganze Bandbreite menschlicher Erfahrungen auf der Karangahape Road gegenwärtig.

Was kann nun also, ausgehend von diesen Gedanken, die Botschaft sein, die wir von unserer Adresse an eure Adresse senden? Welche Bereiche unseres Lebens und der Welt sind offen und erlauben es uns, in einen Austausch zu kommen? Und welche sind beschränkt und machen es unmöglich, Beziehungen einzugehen?

Vorerst übermitteln wir unsere Botschaft in Farbe und Form und Textur – ähnlich wie wir es auch hier bei uns im Artspace Aotearoa tun. Die Schrift ist groß und zugänglich. Über ihre Anordnung zeigt sie die Unterschiede der Inhalte an; das leuchtende Rot ist eine Anspielung auf die Farben der Neuseeländischen Post; die Bögen sind da, weil ihre Form ein schönes Gefühl vermittelt, wenn man ihnen begegnet und ihre Kurven betrachtet; das Gelb funktioniert wie ein Textmarker, weil wir immer nach etwas suchen, was wichtig sein könnte; der verwendete Grauton stammt von einem neuseeländischen Farbenhersteller, bei dem es üblich ist, die Farben nach einer Empfindung und nicht mit einem Code zu benennen – in diesem Fall heißt der Ton „Surrender“; die silbernen Vorhänge habe ich ausgewählt, weil ich sie auch zuhause habe, und der Ort, an dem wir uns versammeln, immer auch ein Stück zuhause und kostbar ist.

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