Die Mord- und Anschlagsreihe des NSU verdeutlicht eine rassistische Entwicklung, die seit dem Mauerfall einer unbekannten Anzahl Menschen das Leben kostete und unter BPOC, Migrant*innen und Angehörigen entsetzliches Leid verursachte. Das Buch “Erinnern stören-der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive” (2020) versammelt einige der zahllosen Stimmen, aus dieser Zeit, die im Zuge der deutsch-deutschen Vereinigung (erneut) zum Schweigen gebracht wurden. Sie erzählen vom migrantischen und jüdischen Leben in Ost und West, von den Kämpfen um Teilhabe in den 1980er Jahren, von einschneidenden Erlebnissen um die Wende und von der Selbstbehauptung gegen den Rassismus der 1990er Jahre.
Im Gespräch mit Lydia Lierke, die gemeinsam mit Massimo Perinelli das Buch “Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive” herausgegeben hat, soll es darum gehen, den Geschichten einer postmigrantischen Gesellschaft zuzuhören. Lässt sich der NSU- Komplex durch das Buch “Erinnern stören” anders begreifen? Wie nahmen Migrant*innen, BPOC, Juden und Jüdinnen die 90er Jahre wahr? Welche Zäsur bedeutete der Mauerfall für migrantischen Kämpfe in Ost- und West? Auf welche gesellschaftlichen Kontinuitäten baut die rassistische Gewalt der 90er Jahre auf?
Diese und weitere Fragen wird Lydia Lierke gemeinsam mit den Autor*innen Cynthia Zimmermann und Felix Axster besprechen.
Lydia Lierke, 1990 in Hoyerswerda geboren, arbeitet als politische Bildnerin im Bereich Anti-Rassismus und Migration und ist Mitglied der Initiative Postmigrantisches Radio. Derzeit plant sie für Oktober 2022 die erste ostdeutsch-migrantische Haymat- Konferenz in Leipzig. Als Mitherausgeberin veröffentlichte sie das Buch Erinnern stören – Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive (2020).
Cynthia Zimmermann ist in der DDR geboren, an vielen Orten groß geworden und heute manchmal gern unterwegs. Sie befasst sich mit den Kontinuitäten von rassistischen Strukturen und radikaler Selfcare und ist politisch aktiv in der Initiative 12. August.
Felix Axster hat nach dem Mauerfall eine Kopfgrippe bekommen. Die rassistischen Ausschreitungen und Pogrome der Wende- und Nachwendezeit haben ihn dazu veranlasst, sich während seines Geschichtsstudiums mit der Geschichte von Nationalsozialismus und Kolonialismus zu befassen. Aktuell forscht er zusammen mit Mathias Berek im Rahmen des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) zu Arbeitskämpfen in den frühen 90ern, der Konjunktur von Ressentiments nach der Vereinigung sowie der Erinnerung an die Wende- und Postwendezeit.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen unter: presse@gfzk.de